Seit 1990 verkörpern die sechs Mannen
von
FIDDLER'S GREEN
nun
bereits
das Paradies des irischen Seemanns, das Nirwana der
Ausgelassenheit und das
El Dorado der Dunkelbiertrinker. Denn der Name der Band
steht als Sinnbild für
ein sagenumwobenes Reich, in dem immerwährende Freude
herrscht, der Grog
in Strömen fließt, die Fidel niemals verstummt und den
Tanzenden unendliche
Ausdauer beschert wird.
Anno 2011 lassen die sechs Folkrocker mit ihrer
WALL OF FOLK
den
irischen Stepptanz alt aussehen und zeigen noch so manchem
Punk, wie man
vernünftig über die Tanzflure stürzt.
Auch wenn sich das Grundrezept ihres Speedfolks über die
Jahre nicht verändert
hat und man nach wie vor dem Rattenfänger von Hameln mit
Leichtigkeit die
Kinder abspenstig machen könnte, so gibt es dennoch
allerhand Neues auf ihrem
elften Ableger. Da wären zum einen zwei illustre Gäste, die
sich bei
Fields Of
Green / Nie zu spät
die Ehre geben, nämlich niemand
Geringeres als In-
Extremo-Frontröhre Das letzte Einhorn (Michael Robert Rhein)
und sein
Dudelsackmeister Flex der Biegsame (Marco Ernst-Felix
Zorzytzky). Nach
einer gemeinsamen Tour und so manch durchzechter Nacht wurde
die Idee
geboren, diesen hymnischen Song mit vereinten Kräften in den
Folk-Olymp zu
heben.
Ein weiteres Novum
im FIDDLERS-Kosmos ist der breite Einsatz des Banjos,
dessen Saiten nicht nur häufiger schwingen dürfen, sondern
dem gar eine
tragende Rolle zukommt – hier und da ruppig begleitet von
einer wild
gewordenen Stromgitarre, so dass man im besaiteten Einklang
die Fetzen fliegen
lässt. Während Albi und Pat den Songs weiterhin mit ihren
Stimmbändern den
nötigen stimmlichen Schmiss verleihen – unterstützt durch so
manch anderen
FIDDLER –, hat man sich nicht gescheut, die ein oder andere
Stimme im Studio
zu doppeln, um der
WALL OF FOLK
mehr
chorale Macht zu verleihen.
„Unsere Songs müssen natürlich abgehen, eine gewisse
Geschwindigkeit
aufweisen und eine positive Grundstimmung besitzen“, verrät
die Band die
Zutaten eines bandtypischen Krachers. „Instrumentalparts
muss er auch haben
und am besten einen Mitmachteil.“ Gerade letzteres ist den
Jungs besonders
wichtig, denn nach wie vor verstehen sich
FIDDLER'S GREEN
als Live-Band,
die ihre gesamte Energie auf den Brettern der Welt
entfaltet. Wer bereits in den
Genuss kam, das ausgeflippte Sextett auf großen und kleinen
Bühnen,
geräumigen und stickigen Hallen oder auf riesigen Festivals
von Mittelalter bis
Metal zu erleben, dem dürfte an dieser Stelle wegen seines
überschwänglichen
Kopfnickens das Lesen schwerfallen.
Bei
FIDDLER'S GREEN
geht nicht nur die Post ab – hier
werden irische
Urgewalten entfesselt, die Geister des Rock'n'Roll
beschworen und eine
verschmitzt-lächelnde Revolution ausgerufen! Es wird
gemunkelt, dass die
freigesetzte Energie eines FIDDLERS-Konzertes durch Hüpfen,
Moshen,
Gröhlen, Rennen, Singen und Tanzen locker einem Aufschlag
eines Kometen
von der Größe Irlands entspricht – Pi mal Daumen!
Hierzu springen die
Burschen locker-flockig durch etliche Stilreiche, packen ein
paar wuchtige Metal-Hämmer ins Gepäck, ein paar flockige
Reggae-Takte, ein
wenig Punk-Attitüde und natürlich eine gehörige Portion
fetten Folk mit
eindeutig irischem
Einschlag.
Es überwiegen bei weitem die Eigenkompositionen, doch rühren
FIDDLER'S
GREEN
auch
die Traditionals der beschaulichen grünen Insel ordentlich
durch,
machen aus besinnlichen Seemannsweisen fetzige
Seeräuberoden, verwandeln
trockenen Kneipenfolk in eine rockige Plünderfahrt und
idyllische Eintracht in
einen rumorenden Moshpit.
Woher kommt diese unbändige Kraft, mag man da zu Recht
fragen und
bekommt von den Kerlen lediglich ein raues "Roots Bloody
Roots" zu hören.
Und in der Tat darf man
FIDDLER'S GREEN
als
die Metaller des Irish-Folk
bezeichnen – allerdings ohne Wut im Bauch und mit deutlich
mehr Humor!
Mit
WALL OF FOLK
gelingt es den Jungs mehr denn je, ihre
Bühnenqualitäten auf einem Tonträger zu verewigen und das
gewisse Etwas
auch aus den Heimboxen donnern zu lassen. Da macht es keinen
Unterschied,
ob sie Ewan MacColls Evergreen
Dirty Old Town,
der spätestens durch die
Pogues zu Ruhm gelangte, auf ihre ganz eigene Weise
interpretieren, oder sich
andächtig vor ihren treuen Fans mit
Greens And Fellows
verneigen – das sich
nebenbei hervorragend zum Fahnenschwenken eignet und zudem
erneut durch
Flex von In Extremo an der Sackpfeife unterstützt wird.
Einer Stampede, als
Sinnbild für Wucht und Bewegung, kommt der Titelsong
Wall Of Folk
gleich,
der mit sich kontinuierlich aufbauendem Druck und einer
galanten Rhythmik
ganze Menschenhorden in Ekstase versetzen kann. Eng geführte
Harmonien
verdichten die Situation zu spannungsgeladener Erwartung und
obertönige
Geigen-Flageoletts fächeln frische Brisen aus sphärischen
Höhen. Kurzum, das
Album setzt sich aus einer ganzen Reihe fulminanter
Höhepunkte zusammen,
die meisten zum gepflegten Abhotten gedacht, einige aber
auch mit viel Gefühl
garniert. Speedfolk eben, so wie es nur
FIDDLER'S GREEN
können.
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